24. Juni 2013

Kritik - The Last Of Us

Jaja, ich weiß - zeitig ein bisschen spät seinen eigenen, unwichtigen Senf zu The Last Of Us abzugeben, möge man meinen. Allerdings bin ich der Meinung, dass eine Kritik kein Verfallsdatum haben kann, womit die Sache ja nun eindeutig geklärt wäre. Abgesehen davon, sollte endlich mal jemand wirkliche und wahrhaftige Kritik an Naughty Dogs neuem Titel ableisten, denn diese ganze unbekümmerte Hype-Lobhudelei distanziert sich vollkommen von angebrachten Contrapunkten des Spiels und verherrlicht dagegen die absurden, immer wieder aufs Neue heruntergeleierten Spielabläufe, was mir gehörig gegen den Strich geht.

(Vorweg sei dennoch gesagt, dass es sich um ein einzigartiges Spiel mit genialer Story handelt (wer diese sehen möchte, kann das hier machen - damit erspart man sich das teils ermüdende Gameplay-Geplänkel).)

Grandioserweise kann mich der Zauber - darf man das überhaupt 'Zauber' nennen? - einer postapokalyptischen Welt in Videospielen immer wieder begeistern - sei es in Fallout 3, in dem man im Washington der 1930er erwacht, das von einem Atomkrieg heimgesucht wurde oder Dead Rising, DayZ oder allgemein gesagt das immer wieder auftretende Zombie-Setting in der Gamingindustrie. Somit ist offensichtlich die optimale Grundvoraussetzung für The Last Of Us geschaffen, handelt es sich doch hierbei um eine etwas abgewandelte Form der letztgenannten Endzeit-Variante. Denn alles was sich in diesem Action-(Third-Person-Shooter-Schläger-)Adventure "Infizierter" nennt, sind von einem Pilz befallene Menschen, die sich langsam aber sicher in Seelenlose Geschöpfe verwandeln. Inspiration fand Naughty Dog übrigens bei einem tatsächlich in der Natur vorkommenden Parasiten, der sich in Ameisen breit macht und selbige zu willenlosen, aggressiven Marionetten macht. Das kann man beispielsweise hier, im ersten The Last Of Us-Teaser sehen.


Bei einer Infektion gehen die Opfer mehrere Stufen durch, die sich optisch voneinander differenzieren lassen und auch spielerisch verschiedene Vorgehensweisen fordern. Für Hasser der untoten Gamingspezies stellt diese Version der zombifizierten Feindseligkeiten eine mehr oder minder innovative Abwechslung dar, während Glorifizierer (ich...) des Zombie-esken sowieso alles schlucken, was gammelt, fies aussieht und mich in Survival-Stimmung versetzt - und hier bekommt man wahrhaftig äußerst unangenehm aussehende und klingende Gegner geboten.
Allerdings gibt es an der ganzen Sache einen großen, mit vielen braunrot-schimmernden Rostflecken überzogenen Haken, der diesem Überlebens-Gefühl einiges an Überzeugungskraft nimmt. Doch eines nach dem anderen, wir müssen ja erst einmal wissen, wen oder was wir spielen.
Der Protagonist nennt sich Joel, ein erfreulich kantiger, rauer, dezent unfreundlicher, geringfügig egoistischer Charakter mit etwas zu stereotypischem Äußeren, dessen eigens gewählte Aufgabe es in dieser nicht sehr lebenswerten Welt ist, Waren zu schmuggeln und sich somit sein Überleben zu sichern. Gekommen zu diesem Lebenswandel ist er durch den 20 Jahre vorher stattgefundenen Ausbruch des Pilzes, bei dem er seine Tochter verlor und zu dem verbitterten Kerl wurde, der er jetzt ist. Im Laufe der ersten zwei Stunden trifft Joel mit seiner anfänglichen Begleiterin Tess auf Ellie, jenem sympathischen 14-jährigen Mädchen, das immun gegen den Parasit ist, und das in den Trailern gezeigt wird. So weit so gut, denn schon in den ersten Stunden im Game fällt die teils miserable K.I. der Begleiter auf, von der man im weiteren Verlauf mal mehr, mal weniger mit sich führt, allerdings fast immer Ellie bei sich hat. Während es The Last of Us nämlich mit einer gut erzählten und inszenierten Story schafft, schon von Beginn des Spiels in die Atmosphäre einzutauchen, lässt eines der gravierendsten Mankos das ganze Geschehen ein wenig lächerlich wirken.
Trifft die eigene kleine Gruppe in den beeindruckend gestalteten Ruinen von Boston erstmals auf Infizierte, schwitzt man den Controller glitschig nass und pullert sich fast ein vor Aufregung, denn alles ist nun darauf ausgelegt vorsichtig zu sein und vor allen Dingen KEINE Aufmerksamkeit zu erregen. Doch plötzlich steht Gefolgin Tess vor den Augen (oder was davon noch übrig ist) eines Runners (die erste Stufe der Infizierten - können noch sehen und gut hören) auf und rennt in die nächste Deckung. Wie? Was war das denn jetzt? Nunja, man beschwichtigt sich und glaubt, es handele sich hierbei um einen einmaligen Fehler - weit gefehlt, denn teilweise werden solche Atmosphäre-Zerstörer noch bizarrer. Stoßt man später auf die sogenannten Clicker (dritte Stufe der Infizierten - sind blind, haben allerdings ein außerordentlich gutes Gehör; die zweite Stufe sind Stalker - sich versteckende Infizierte, die Menschen auflauern; kommen jedoch sehr selten vor) können die unachtsamen Bewegungen der K.I. entschuldigt werden, da selbige Ellie & Co. ja nicht sehen können, allerdings wird stattdessen lauthals durch den Raum gebrüllt, um sich zu verständigen was die nächsten Schritte sind oder - lustigerweise - um überhaupt erst mitzuteilen, dass man jetzt bitte ganz leise und vorsichtig vorgehen sollte.


Ich frage mich, ob es keinen Studio internen Spieletester gab, jemanden oder eher mehrere Entwickler, die überprüfen ob alles auch stimmig zueinander passt. Warum müssen sich diese Begleiter so auffallend bedeppert verhalten? Warum reden sie in Zimmerlautstärke miteinander, obwohl Clicker direkt vor ihrer Nase stehen?
Ok, das leidige Thema K.I. ist ein ganz eigenes Pferd, das beritten werden muss, gerade in der noch in ihren technischen Fähigkeiten beschränkten aktuellen Konsolengeneration. Und vielleicht gab es doch Spieletester aus dem Entwicklerteam, die sich wirklich darüber Gedanken gemacht haben und versuchten zu reparieren was ging. Ferner war der Kompromiss der vermutlich daraus gezogen werden musste, dass man lieber eine stupide Begleiter-K.I. belässt, jene mit ihrem Verhaltensgestörten Auftreten dafür aber völlig unsichtbar für die Gegner erscheinen. Denn hätte man auch die Infizierten und die menschlichen Feinde auf Ellie reagieren lassen, wäre ganz, ganz schnell sehr viel Frust aufgekommen. Und Frust ist etwas, mit dem man keinen Gamer belasten möchte, vor allem wenn es einer Fehlprogrammierung zu Schulden kommender Frust ist.

Zu den Infizierten hinzu kommen später übrigens auch noch Hunter, menschliche Banditen, die ausschließlich auf Plünderungen und Überleben fixiert sind. Dabei ändert sich das Gameplay meist drastisch, da man bislang eher auf dem Schleichpfad wandelte und nun hemmungslosen Nahkämpfen und Schießereien ausgesetzt wird. Spielerisch lassen diese sich mit der Uncharted-Reihe (welches aus dem selben Hause stammt) vergleichen, bieten aber ein realistischeres Handling der Waffen sowie mehr Wucht hinter einzelnen Attacken. So kann Joel nicht perfekt zielen und schwankt mit seiner Waffe stark hin und her, trifft den Feind und muss sich wieder schnell hinter die Deckung begeben, um nicht selbst Opfer eines Kugelhagels zu werden. Stealth-Fetischisten haben hier eher das Nachsehen, denn zwar ist es möglich sich unbemerkt vorbei zu bewegen, doch meist muss man sich ins Gefecht begeben, und das abgesehen von den zwingenden Auseinandersetzungen mit Gegnern, die Naughty Dog dem Spieler vorgegeben hat. Eine weitere Sache, die in der Glaubwürdigkeit des ganzen Szenarios tiefe Schusslöcher hinterlässt, ist die banale Zerstörbarkeit der Nahkampfwaffen. Während ich noch verstehen kann, dass ein Holzbrett zerbrechen kann, zweifle ich daran, dass ein Brecheisen nach einigen wenigen Schlägen in seine Einzelteile zerfällt. Dazu kommt, dass es sowieso fast an jeder Ecke Nahkampfwaffen zu finden gibt, also hätte man doch auch einfach weniger, aber dafür stabilere Gerätschaften einbauen können, und somit der Glaubwürdigkeit ein gutes Stück Realität zurückgegeben.
Desweiteren frage ich mich, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre ähnlich wie in Tomb Raider über den gesamten Spielverlauf dieselben Waffen anzubieten, welche man dann provisorisch (zumindest schaut es optisch so aus) verbessern kann, und nicht etliche verschiedene, teils vollkommen unrealistische wirkende Waffentypen auftauchen zu lassen, die sich einfach mal hier und da in einer halb ausgerotteten Welt in den unmöglichsten Orten wie Kinderzimmern befinden.
Das nagt ganz schön an der Atmosphäre, denn ich habe mir kein Uncharted in Apokalypse-Setting gewünscht, sondern ein The Last Of Us wie es der Name wortwörtlich suggeriert. Waffen und verschiedene Typen dergleichen in Massen, Munition ist großteils ausreichend vorhanden und Nahkampfwaffen wie Eisenstangen befinden sich überall und berauben das Spiel seines Überlebenscharmes, der in den Sequenzen und dem Storytelling wirklich 1a rübergebracht wird.


Ein weiterer Punkt, der sich negativ auf das postapokalyptische Setting auswirkt, ist die Widersinnigkeit, dass Joel und Ellie mehr Menschen als Infizierte töten.
Das muss man erst mal sacken lassen. Man befindet sich doch in einer Welt, in der, laut eines Zeitungsartikels, den man im Spiel unter anderem finden kann, 60% der Menschheit infiziert wurden. Logisch mag das Alles nicht wirklich erscheinen - nicht einmal für den gutmütigsten Spieler der Welt. So hat man ständig das Gefühl eben keiner der Letzten und immer auffindbar zu sein sowie permanent beschattet zu werden.
Der bei Voranschreiten der Story sich immer wiederholende und für den Spieler großteils vorhersehbare Gameplayablauf lässt The Last Of Us am Ende ein wenig die Puste ausgehen. Immer wieder nach demselben Schema aufgebaute (allerdings sehr detailliert und hübsch anzusehende) Level, die sich lediglich darin unterscheiden, ob man nun in Deckungsshooter-Manier ballern - hier sind passend aufgebaute Barrikaden zu sehen -, sich an in Patroullien umherwandelnden Infizierten vorbeischleichen oder Leiter- bzw. Paletten-in-Wasser-Rätsel lösen muss. Letztere sind in dieser Form über das gesamte Spiel verteilt und fordern immer und immer wieder dieselbe Herangehensweise. Finde Leiter, klettere irgendwo hoch oder spring ins Wasser, suche Palette, führe Nichtschwimmerin Ellie mit dem improvisierten Floss übers feuchte Nass. Somit ergibt sich nach einiger Zeit ein eintöniges Spielgefühl, das teilweise nur noch abgearbeitet wird, um der gut erzählten Story zu folgen.
Positiv muss man in dem ganzen Kritikhagelnden Text hier Ellie hervorheben, die den Titel trotzdem so spielenswert macht. Dieses 14-jährige Mädchen, das erwachsen, unbefangen und selbstbestimmt wirkt und doch noch ein Kind ist, das seinen Humor nicht verloren hat, obwohl es gar keine andere Welt als eine solche wie sie hier vorzufinden ist, kennt. Auch das atemberaubende Leveldesign kann überzeugen und präsentiert eindrucksvolle Szenarios mit paradoxerweise idyllisch wirkenden bewachsenen Straßen und Häuserschluchten, wilden Wäldern, dunklen Kanalisationen und verlassenen Universitäten. Und der lange Weg, der sich im Spiel über einige Monate erstreckt, um das Allheilmittel Ellie mit ihrer Immunität gegen den Pilz zu den vermeintlichen Menschenrettern namens Fireflies zu bringen, wird durch logisch nachvollziehbare Zeitsprünge in der Story wirklich glaubwürdig vermittelt.

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Man sollte angesichts der gesamten Kritikpunkte meinen, The Last Of Us wäre ein furchtbar unglaubwürdiges Spiel, dessen Kauf sich nicht zu lohnen scheint. Doch das wollte ich so gar nicht rüberbringen. Mir ging es lediglich darum, diesem überzogenen allesschluckenden Hype entgegenzuwirken. Denn viel zu hohe Wertungen ohne nur einen Kritikpunkt angebracht zu haben, nerven mich gewaltig. Und angesichts dieser vielen kleinen Schnitzer kann man dieses Spiel bei weitem nicht perfekt nennen. Hätte The Last Of Us nicht eine solch gute Story mit dramatischen Stimmungswechseln, Geschehnissen und Wendungen, mit grandioser, mitreißender Charakterentwicklung und ein solch hübsches Leveldesign, könnte man aufgrund des repetitiven Gameplays keine goldfunkelnden Preise vergeben. Was sich anfangs noch als spaßiges Spielvergnügen anfühlt, entpuppt sich leider im weiteren Verlauf als sich ständig wiederholender Gameplay-Zyklus.



{Bilder: Sonys The Last Of Us Seite}

Anmerkung: Dass sich der negative Teil des Spiels in meiner Kritik in den Vordergrund stellt habe ich im Übrigen bewusst gewählt, da ich die schimmlige Seite des Schokoladenstücks The Last Of Us offenlegen wollte. Meiner Meinung nach wurden in anderen Reviews die positiven Aspekte viel zu überschwänglich dargestellt, während der unansehnliche Rest einfach mal so unter den Tisch gekehrt wurde.
Aber ich bin keinesfalls ein genereller Miesepeter.







2 Kommentare:

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